Eine Fantasy-Kurzgeschichte für Träumer
Die Flügel flattern unentwegt. Die kleine Lichterfee hat sich in einem Baum verfangen und versucht sich schon seit unzähligen Minuten zu befreien. Ihre grünen Flügel, die im Licht durchsichtig schimmern, haben sich in den Ästen eines ihr unbekannten Baum verfangen. Denn Lerona, die Lichterfee aus dem schönen Salamland, das geprägt von Hügeln und Tälern ist, ist dabei einen großen Fehler zu begehen, auch wenn sie selbst vollkommen überzeugt davon ist, das Richtige zu tun. Noch einmal möchte sie versuchen, sich aus dem feinen Ästen, zu befreien. Sie holt tief Luft, streift sich eines ihrer brauen Locken zur Seite und konzentriert sich auf das Schlagen ihrer Flügel. Vor lauter Anstrengung wird ihr Kopf, der durch ihre leicht gebräunte Haut nur selten eine andere Farbe einnimmt, rot wie die Feuerdrachen Tomaten in ihrer Heimat.
„Es hat keinen Zweck!“ denkt sich Lerona.
„Ich bin bis ans Ende meiner Tage hier gefangen! Ach Mutter hatte Recht, ich hätte nicht fliegen dürfen. Ich hätte nicht einfach davonfliegen dürfen. Aber mir bleibt doch keine andere Wahl. Ich kann nicht mehr zurück, nicht in diese Welt.“
Eine Träne läuft über ihr Gesicht und ihre grünbraunen Augen beginnen sich im Tränenwasser zu spiegeln, sodass es scheint, als wären ihre Augen in einem kostbaren Glas eingeschlossen. „Ist den niemand hier?“, schreit sie, als sie bemerkt, dass es um sie herum immer dunkler wird. „Ich verachte die Dunkelheit! Warum habe ich nur die Grenzen von Salamland verlassen? Ach wäre ich nur zu Hause, dann könnte ich in der immer scheinenden Sonne liegen und den kleinen Schmetterlingen zu schauen.“ Die Nacht bricht ein, Lerona ist noch immer in den Ästen gefangen. Sie versucht sich die Angst zu nehmen, indem sie über ihren Weg mit sich selbst philosophiert. Sie möchte sich Mut machen und an ihrer Mission festhalten, auch wenn ihr gerade einfach nur nach ihrem warmen Bett ist. „Komm schon Lerona, du wolltest das alles! Also lass dich jetzt nicht von ein paar Ästen und der Dunkelheit unterkriegen!“, sagte sie zu sich selbst.
Gerade als sie einen dickeren Ast zu ihrer Rechten mit den Fußen zu sich her zog, brüllte ihr eine sanfte Männerstimme mit einem sarkastischen Unterton, ein lautes „Hallo“ ins Ohr. Vor lauter Schreck beginnt sie so stark mit ihren Flügeln zu schlagen, dass die Äste darin nachgeben und sie loslassen. Sie fällt in die Tiefe und ihre Schreie hallen als Echo wieder. Ihre Flügel scheinen durch den Schock blockiert. Nur noch wenige Meter trennen sie vom kalten, harten Boden, der sie und auch ihre wunderschönen Flügel in Teile zerschlagen wird. Sie fällt in Ohnmacht.
Die Vögel zwitschern, die Luft ist warm und riecht nach süßem Wasser, als wäre ein See in der Nähe. Weit und breit gibt es nichts als eine Grasweide zu sehen. In der Mitte des Feldes sind die Grashalme verbogen und formieren sich zu einem Kreis. Lerona liegt wie ein Baby zusammengekauert im Gras. Ihre Flügel sind zerkratzt und an einigen Stellen angerissen. Auch ihr Körper ist mit blauen Flecken versehen.
„Alles ist schwarz um mich herum. Wo bin ich? Ich kann meine Augen nicht öffnen. Jede Faser in mir schmerzt. Wo bin ich? Was ist passiert? Halt, steckte ich nicht in den Ästen fest? Meine Flügel! Ich spüre meine Flügel nicht mehr!“
Vor lauter Sorge um ihre Flügel, richtet sich Lerona ruckartig auf. Ihr Gehirn beginnt zu pochen und sich an ihre Schädeldecke zu drücken. Ihr wird schwindlig. Sie fällt zu Boden. Einige Stunden später öffnet die kleine Lichterfee erneut ihre Augen. Dieses mal allerdings sanft. Als ihr bewusst wurde, dass sie gestürzt ist und dabei nicht nur Prellungen aufweist, sondern auch ihre Flügel angeschlagen sind, schießen Tränen aus ihr heraus.
„Was habe ich mir nur dabei gedacht? Wie konnte ich nur so blöd sein und auf eine solch gefährliche Reise aufbrechen. Eine Reise ins Ungewisse und wofür? Für ein bisschen mehr Selbsterkenntnis, um meine wahre Bestimmung zu finden? Ich hatte meine wahre Bestimmung bereits. Zu Hause in Salamland. Ich war verlobt mit diesem wunderbaren Mann, und das nicht nur einfach einen Mann, nein, den! Jasper, der Prinz von Heping! Wow, was für ein Elf. Niemand war so talentiert wie er es war, wenn es um Musik ging. Niemand hatte mich jemals so mit seinen Blicken anziehen können. Aber abgesehen davon, war ich in der Forschung gerade dabei einen Durchbruch zu erreichen. Mann, ich hatte Jahre in mein Studium investiert, ich hatte sogar auf meine Feenstaub Ration verzichtet, um meine Studie weiterhin am laufen zu halten. Es wäre nicht mehr viel nötig gewesen, dann hätte ich nicht nur das Heilmittel finden können, nein ich hätte damit…
… Na ja ganz egal. Hätte, Hätte. Fakt ist. Ich liege hier in irgendeinem Grasloch. Warte mal, wie bin ich hier eigentlich her gekommen. Der Boden auf den ich viel war doch erdig und hart!“
Bähm. Ein Schmerz durchfährt Leronas Kopf. Es fühlt sich an als hätte ihr gerade jemand ein Stein mit der Spitze, in einer Wucht auf den Hinterkopf geschlagen. Erneut fällt sie zu Boden. Dieses mal ist sie nicht nur ein paar Stunden bewusstlos. Drei Tage dauert es bis sie wieder ihre Augen öffnet, das allerdings nicht ohne Grund. Das wackeln und knarren eines alten Holzwagens hat sie geweckt. Ihr kleiner Körper, der durch die Anstrengung der letzten Tage sehr mitgenommen aussieht, rollt durch die Bewegung, des Wagens auf der Ablage hin und her. Sie bekommt gar nicht mit, dass sie von ein paar Waldelfen, die auf der Weide auf Jagd waren, gefunden wurde. Die Jäger sind mit samt Beute und Lerona im Gepäck auf dem Weg in die Stadt. Dort warten bereits elfische Heiler auf die verletzte Lichterfee.
In einer kleinen violette Hütten, die über den Bäumen schwebt und mit vielen Lichtern geschmückt ist, wird Lerona versorgt. Fünf Elfen mit unterschiedlichen Kräften stehen um das Bett aus Maisblättern, herum. Jeder von ihnen muss ganze drei Feenstaubrationen aufbrauchen, bis die geschwächte junge Feenfrau wieder zu Kräften kommt. Ihre Flügel waren so stark beschädigt, dass das Kräftezentrum im linken Gehirnareal ein biochemischen Kurzschluss verursachte. Das passiert dann, wenn Feen stark traumatisiert wurden, meist durch eine Beschädigung der Feenflügel. Sie sind quasi die Essenz der Feen und Elfen Kräfte und auch der Grund, weshalb sie letztendlich Feen/Elfen genannt werden. Ansonsten sind sie ja nur kleine Menschen. Zumindest fühlte sich Lerona, wie ein wertloser kleiner Mensch, als sie von einem der Heiler erfuhr, dass sie wohl nie wieder fliegen kann und das alles wegen ihrer Bestimmung. Wo war sie nun ihre Bestimmung? Soll es das gewesen sein, ist sie den weiten Weg in Richtung Winterland gereist, um ihren wahren Wert zu erfahren, dabei hat sie noch nicht einmal Winterland erreicht. Ohne die mahnenden Worte der Heiler zu beachten läuft sie einen kleinen Weg in Richtung Wald entlang. Sie sollte sich zur Ruhe legen, sich schonen und sich zu den hängenden Schlafhütten bewegen. Ohne Flügel ist das ein Weg der mindestens drei Tage andauert. Bis sie angekommen ist, stürzt sie bestimmt erneut ab, weil ihr Körper die Anstrengungen nicht mehr aushält. Klar sie hätte auf einen der Schmetterlinge reiten können, aber fliegen ohne selbst zu fliegen, ist als würde man nur beim Essen zu sehen als es selbst zu essen. Folter in Leronas Augen. Kurz bevor sie den Wald erreicht, kommt sie an einem von Blumen umringten Tümpel vorbei. Sie läuft zu einem großen Stein der am Wasserrand liegt. Für einen Moment hält sie inne und beobachtet die kleinen Wellen auf dem grünen Wasser, die von kleinen Wasserbewohnern geschlagen werden. Sie beschließt auf dem Stein für einen Augenblick auszuruhen. Eine kurze Weile hat sie die Wasserbewohner beobachtet, bis sie einfach nur noch einen Punkt fokussierte und ihn anstarrte. Würde man sie fragen, hätte sie keine Antwort darauf, was sie fokussierte. Sie war einfach nur weg und leer. Die innere Leere wurde unterbrochen, als sie durch ein hartnäckiges Stupsen an ihrer Schulter gestört wurde. Sie dreht sich um und erstarrt als sieht wer sie da gerade angestupst hatte. Ein Elf, dessen Flügel gestutzt wurden, schaut sie mit seinen mandelförmigen, großen brauen Augen tief an. „Wo bin ich?“ fragte Lerona ohne nachzudenken. Ich muss ins Winterland, so schnell wie möglich. Der Elf streckt seine Arme aus. Schau dich doch um, du bist im Winterland. Lerona blickt sich um, ein Lächeln huscht ihr das erste Mal seit langem übers Gesicht.
Es schneit.
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